Aktuell gibt es weltweit wieder viel Bewegung bei einem der ältesten und wichtigsten Themen im Kontext reproduktiver und sexueller Gesundheit – dem Recht auf Schwangerschaftsabbruch.

Wir haben die neuesten Entwicklungen zum Anlass genommen, die aktuellen Neuerungen und Veränderungen – und was diese im Endeffekt bedeuten können -  in unserem Newsletter zusammenzufassen.

nach oben

Bundestag kippt Werbeverbot für Abtreibungen

Der Bundestag hat am 20.6.22 die Abschaffung des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche beschlossen. Für die Streichung des Strafrechtsparagrafen 219a stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP sowie die Linksfraktion, dagegen votierten Union und AfD. Der Paragraf untersagte Arztpraxen und Kliniken, ausführlich darüber zu informieren, welche unterschiedlichen Methoden es für den Abbruch gibt.
Auf das Ende des Paragrafen 219a hatten sich die Ampelparteien im Koalitionsvertrag geeinigt. „Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir §219a StGB“, heißt es darin. SPD, Grüne und FDP bekennen sich außerdem dazu, Schwangerschaftsabbruch zum Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung und zum Teil einer „verlässlichen Gesundheitsversorgung zu machen“.

Die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die die seit Jahren anhaltende und zum Teil heftig geführte Debatte durch ihre Verurteilung wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch ins Rollen gebracht hatte, sieht im Paragraf 219a des Strafgesetzbuches eine der Ursachen für die immer schlechter werdende Versorgungslage beim Schwangerschaftsabbruch.

Jetzt geht es darum, auch den Paragrafen 218 endlich abzuschaffen.

nach oben

USA: Abtreibungsgesetz scheitert im US-Senat

Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verbietet. Abtreibungen waren aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - etwa bis zur 24. Woche. Grundlage dafür war ein Urteil des Obersten US-Gerichts von 1973. Die Demokrat:innen wollten Abtreibung daher bundesweit per Gesetz ermöglichen. Damit sind sie nun im Kongress gescheitert.
Der Oberste Gerichtshof kippte das frühere Urteil, das ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch garantierte, die Zuständigkeit liegt jetzt bei den US-Bundesstaaten. Zahlreiche konservativ regierte Staaten können jetzt Abtreibung weitgehend verbieten und unter Strafe stellen.

Als Reaktion darauf löschen jetzt viele Frauen ihre Zyklus-Apps. Diese zeigen nicht nur, wann sie menstruieren, sondern auch, wann eine Menstruation ausbleibt. Ob die Frauen versuchen, schwanger zu werden. Ob sie schwanger sind. Ob diese Schwangerschaft plötzlich vorbei ist. Die Apps könnten ihren Nutzerinnen gefährlich werden. Menstruations-Apps speichern Google-Suchen, Standort- und Gesundheitsdaten. Sie können Hinweise darauf geben, ob jemand eine Abtreibungsklinik besucht hat, vielleicht auch in einem anderen Staat, in dem Abtreibungen weiterhin legal sind.

nach oben

Hier können Frauen lange suchen

In Niederbayern führt nur eine einzige Ärztin Schwangerschaftsabbrüche auf Wunsch einer Frau durch.
Seit mehr als 30 Jahren sitzt Erika Träger im Stadtrat und seitdem beschäftige sie die schlechte Versorgungslage in ihrer Region. "Frauen, die im hintersten Bayerischen Wald wohnen, fallen einfach durchs Raster." Denn eine Person, die ihre Schwangerschaft abbrechen will, kann in Niederbayern in den meisten Fällen nicht einfach in ein Krankenhaus gehen. Es gibt keine einzige Klinik, die Schwangerschaften nach der Beratungsregel, also ohne medizinische Notwendigkeit und nicht infolge einer Vergewaltigung, beendet. Nicht nur die kirchlichen und privaten Krankenhäuser lehnen das ab, auch die öffentlichen.
Dabei werden in Deutschland mehr als 95 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregel durchgeführt. In der Vergangenheit stellte Erika Träger zwei Antrage im Stadtrat, um das am städtischen Klinikum in Passau zu ermöglichen – ohne Erfolg.

Die Versorgungssituation in Niederbayern ist keine Ausnahme, sondern Teil einer bundesweiten Entwicklung: Immer weniger Ärzt:innen führen Schwangerschaftsabbrüche durch. Seit 2003 hat sich die Anzahl der Praxen und Kliniken, die es tun, laut Statistischem Bundesamt fast halbiert – auf bundesweit 1.092. Als Gründe dafür nennen Expertinnen oft das gesellschaftliche Stigma, mit dem ein Schwangerschaftsabbruch noch immer behaftet sei. Denn dieser ist in Deutschland auch im Jahr 2022 nicht legal. Er bleibt lediglich unter strengen Vorgaben – die im Strafgesetzbuch hinter Mord und Totschlag geregelt sind – straffrei.

nach oben

Schwangerschaftsabbrüche: Weniger Ärzt:innen mit Genehmigung

Sachsen-Anhalts Grüne kritisieren die geringer werdenden Möglichkeiten für Schwangerschaftsabbrüche im Land. Die Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage habe ergeben, dass zum 2. Mai dieses Jahres noch 34 Ärzt:innen eine Genehmigung für ambulante Eingriffe gehabt hatten, teilte die Grünen-Landtagsfraktion in Magdeburg mit. Das seien sechs weniger gewesen als zum Jahresbeginn 2017.
Ein Rückgang von Möglichkeiten zu einem Schwangerschaftsabbruch gefährdet die Gesundheit von Frauen. Denn Schwangerschaftsabbrüche sind auch Frauengesundheit, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Susan Sziborra-Seidlitz.
Sie forderte, dass die Durchführung der Eingriffe im praktischen Teil der Fachausbildung und Fortbildung von Ärzt:innen enthalten sein sollte. Da sind das Land und die Ärztekammer in Verantwortung.

nach oben

Spanien macht Abruptio zu öffentlichem Gesundheitsrecht

Spanien hat das Recht auf Abtreibung zu einem öffentlichen Gesundheitsrecht gemacht. Die linke Regierungskoalition von Ministerpräsident Pedro Sanchez verabschiedete einen Gesetzentwurf, nach dem staatliche Krankenhäuser Schwangerschaftsabbrüche vornehmen müssen. Das neue Gesetz über „reproduktive Gesundheit und sexuelle Rechte von Frauen“ sieht zudem vor, dass der Eingriff kostenlos in öffentlichen Krankenhäusern möglich sein muss und mit dem Recht auf eine mehrtägige Krankschreibung verbunden ist. Ärzt:innen und Gesundheitspersonal sollen die Möglichkeit bekommen, die Durchführung von Abtreibungen aus Gewissensgründen ablehnen zu können. Hierfür müssen sie sich allerdings in ein staatliches Register eintragen lassen. Das soll die Koordination erleichtern und garantieren, dass sich an jedem Krankenhaus ausreichend viele Ärztinnen befinden, die zu den nun gesetzlich verankerten Schwangerschaftsabbrüchen bereit sind.

nach oben

Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung

Wer Lust hat, sich zu diesen Themen zu informieren oder zu engagieren ist beim Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung immer willkommen. Es werden regelmäßig Aktionen geplant, an denen sich gerne beteiligt werden kann.
Mehr unter: https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/

nach oben

Aktuelle Veranstaltungen im FFGZ:

Es gibt noch freie Plätze!

„Empower yourself“ – Gesundheitliche Selbsthilfe für junge Frauen bis Mitte Dreißig: 
Viva la Vulva Workshops im Sommer

Wer Lust hat, sich mehr mit der eigenen Anatomie, Zyklusthemen und gynäkologischer Gesundheit zu beschäftigen und unter 35 ist, ist bei unserer Workshopreihe „Viva la Vulva“ genau richtig!

Eine An­mel­dung ist er­for­der­lich. Die Work­shops kön­nen auch ein­zeln be­sucht wer­den.
Kos­ten pro Ter­min: 20 €, er­mä­ßigt 15 €. Im Juli geht es wieder in die nächste Runde:

  • „Let‘s go deeper“ Viva la Vulva – Workshop-Reihe für junge Frauen bis Mitte Dreißig
    Mittwoch, 20.07.2022 18:00 Uhr
    LINK

  • „There will be blood“  Viva la Vulva – Workshop-Reihe für junge Frauen bis Mitte Dreißig
    Mittwoch, 27.07.2022 18:00 Uhr
    LINK

  • „Stay healthy“  Viva la Vulva – Workshop-Reihe für junge Frauen bis Mitte Dreißig
    Mittwoch 03.08.2022, 18:00 Uhr
    LINK

nach oben

Hier können Sie den Newsletter abmelden!